Prolog: Was wie eine Partnerschaft begann, entwickelte sich zum High-Stakes-Krimi der Tech-Welt. Elon Musk – Tech-Mogul, Twitter-zerstörer und Mitgründer von OpenAI – steht heute im Clinch mit seinem einstigen Schützling, dem ChatGPT-Entwickler OpenAI unter CEO Sam Altman. Es geht um Milliarden, Macht und die Frage: Wer hält die Zügel in der Hand, wenn es um die Zukunft der Künstlichen Intelligenz geht? In vier Akten beleuchten wir die Ökonomie, Motivation, Strategie und Politik dieses beispiellosen Duells – und fragen uns am Ende, wer hier Held oder Schurke ist.
Das 97-Milliarden-Dollar-Gebot: Anfang 2025 zündete Musk die nächste Stufe im Konflikt, indem er mit einer Investorengruppe ein Kaufangebot von 97,4 Milliarden US-Dollar für OpenAI vorlegte. Genauer: Er bot diesen Betrag, um die gemeinnützige Mutterorganisation von OpenAI zu übernehmen. Diese Non-Profit-Entität (Gemeinnützige Organisation) kontrolliert bislang die gewinnorientierte OpenAI LP (=Limited Partnership –Kommanditgesellschaft) – und Musk wollte sie sich damit einverleiben.
Die Offerte kam über ein von Musk angeführtes Konsortium, zu dem neben seinem eigenen KI-Startup xAI auch Finanzinvestoren wie Baron Capital Group und Emanuel Capital gehörten. Sogar eine Fusion von xAI und OpenAI stand im Raum, sollte der Deal zustande kommen. Musks Vorstoß erfolgte nicht zufällig genau jetzt: OpenAI plante gerade die Umwandlung in ein gewinnorientiertes Unternehmen, um frisches Kapital für den KI-Wettlauf zu beschaffen. Musk setzte mit seinem Übernahmeangebot also einen dramatischen Kontrapunkt – ein “Wrench in the works”, wie es ein Yale-Professor formulierte.
Reaktion des OpenAI-Vorstands: Die Antwort aus San Francisco folgte prompt und einstimmig: Ablehnung. OpenAI erklärte unmissverständlich, man sei „nicht zum Verkauf“ und bezeichnete Musks Angebot als einen durchsichtigen Versuch, einen Konkurrenten zu stören. Bret Taylor, OpenAIs Vorsitzender, ließ auf X (vormals Twitter) verlauten, der Vorstand habe Musks „jüngsten Versuch, seine Konkurrenz zu sabotieren“ einhellig zurückgewiesen. Eine Übernahme käme nicht in Frage; stattdessen werde jede geplante Reorganisation darauf abzielen, die gemeinnützige Mission zu stärken, damit eine zukünftige Super-KI („AGI“ – Allgemeine Künstliche Intelligenz, also KI, die mit den Fähigkeiten des Menschen mindestens gleichzieht) allen zugutekommt. Die klare Botschaft: Musk solle sich nicht als Retter von OpenAIs ursprünglichen Idealen aufspielen – das Unternehmen könne sehr wohl selbst über seine Struktur und Mission wachen.
Investoren und interne Spannungen: Während der Vorstand Geschlossenheit demonstrierte, richtet sich der Blick auf OpenAIs Investoren. Immerhin stand im Raum, dass andere Geldgeber OpenAIs Bewertung noch höher ansetzen könnten als Musk. Tatsächlich war OpenAI erst im Oktober 2024 mit 6,6 Milliarden Dollar frischem Kapital auf 157 Milliarden Dollar Gesamtwert taxiert worden. Und es kommt noch dicker: Im Januar sickerte durch, dass SoftBank erwägt, eine Finanzierung von bis zu 40 Milliarden Dollar anzuführen – bei einer astronomischen Bewertung von 300 Milliarden Dollar. Gegen solche Summen wirkt Musks 97-Milliarden-Offerte plötzlich gar nicht mehr so großzügig. Analysten merkten an, OpenAIs Board könne das Musk-Angebot dennoch nicht einfach ignorieren, weil es formal die Treuhänderpflicht (Rechtliche Verpflichtung zur treuen Vermögensverwaltung) habe, zum Wohle der gemeinnützigen Organisation zu entscheiden.
Eine Non-Profit-Organisation muss zwar nicht Aktionärsgewinne maximieren, aber sie soll ihr Vermögen im Sinne der öffentlichen Interessenten einsetzen. Ein Yale-Jurist gab zu bedenken: Wenn OpenAI das gemeinnützige „Familien-Silber“ unter Wert an jemand anderen verkaufte – oder ein höheres Gebot ausschlägt – stelle sich die Frage, ob damit das Beste für die Begünstigten des Non-Profit geschieht. Sprich: Selbst wenn Musk unerwünscht ist, durfte der Vorstand sein Angebot einfach pauschal abtun? Oder riskiert er damit Vorwürfe, den Wert des gemeinnützigen Vermögens zu schmälern? Diese juristischen Finessen sorgen hinter den Kulissen für Spannung, auch wenn öffentlich (noch) keine Risse im Investorenkreis sichtbar wurden.
Rechtliche Schachzüge und Konsequenzen: Musk zeigte sofort, dass er sich mit einem Nein nicht geschlagen gibt. Schon seit 2024 überzieht er OpenAI mit Klagen und Anträgen. Im August letzten Jahres verklagte er Sam Altman und weitere OpenAI-Verantwortliche mit dem Vorwurf, sie hätten OpenAIs Gründungsvereinbarung gebrochen, indem sie „Profit über Gemeinwohl“ stellten. Im November beantragte er per einstweiliger Verfügung, jegliche Umwandlung in ein For-Profit-Modell zu stoppen.
Parallel zündete er juristische Nebelkerzen: Sein Anwalt Marc Toberoff schickte im Januar Briefe an die Generalstaatsanwälte von Kalifornien und Delaware – ausgerechnet die Bundesstaaten, in denen OpenAI registriert ist – mit der Aufforderung, einen Teil von OpenAIs gemeinnützigen Anteilen öffentlich zu versteigern. Nur eine Auktion, so argumentierte Toberoff, könne den wahren Marktwert von OpenAIs Charity-Vermögen ans Licht bringen und damit „das Interesse der Öffentlichkeit schützen“.
OpenAI konterte, Musk betreibe reine „Lawfare“, also Juristische Kriegsführung. Man lasse sich nicht beirren und verweise auf unabhängige Finanzberater, die ohnehin den Wert der Non-Profit-Anteile ermitteln werden. Die kalifornische Generalstaatsanwältin blieb gelassen – trotz eines Briefes von Meta, der sie zur Blockade von OpenAIs Plänen drängte, hielt sie sich raus. Delaware hingegen reichte ein amicus brief – einen Schriftsatz eines unbeteiligten Dritten im Gerichtsverfahren – ein und erklärte, die Vorgänge „genau zu beobachten“.
Unterm Strich hat OpenAI juristisch zwar Oberwasser (eine erste Entscheidung zu Musks gerichtlicher Verfügung steht kurz bevor), doch Musks Nadelstiche binden Ressourcen. Die Ablehnung seines Kaufangebots dürfte weitere Salven nach sich ziehen – sei es durch neue Klagen oder politischen Druck. Musk ließ via Gericht bereits ausrichten, sein Konsortium werde die Offerte nur dann zurückziehen, wenn OpenAI komplett Non-Profit bliebe. Ein eindeutiges Druckmittel: Entweder ihr bleibt wohltätig (und verzichtet auf gigantische Investorengelder) – oder ich kaufe euch. Für OpenAI ist das ein klassisches Dilemma, in dem Musk sie juristisch festnageln will.
Das öffentliche Narrativ – KI-Sicherheit und Gemeinwohl: Elon Musk inszeniert seine Rolle im Konflikt gerne als die des Mahners und Beschützers. Seit Jahren warnt er vor den Risiken unkontrollierter KI und pocht darauf, dass Künstliche Intelligenz der Menschheit nutzen und nicht schaden müsse. Genau mit dieser Haltung gründete er 2015 zusammen mit Sam Altman OpenAI als Non-Profit – um sichere, gemeinnützige KI zu entwickeln. Nun wirft er Altman & Co. vor, eben diesen Gründungszweck zu verraten.
In der Klageschrift von 2024 heißt es, OpenAI habe die ursprünglich von Musk finanzierten Ziele aus den Augen verloren. Musks Anwälte betonen, ihr Mandant wolle OpenAI wieder in eine Non-Profit-Forschungslabormission zurückführen, wie es ursprünglich vorgesehen war. Auch das 97-Milliarden-Angebot stilisiert Musk zum Akt der Rettung: Er behauptet, nur so ließe sich OpenAIs Vermögen fair bewerten und im Sinne der Öffentlichkeit einsetzen. Sein Anwalt Toberoff unterstellt gar, die geplante Umstrukturierung diene bloß dazu, einige Vorstandsmitglieder zu bereichern, statt der gemeinnützigen Kasse. Musk inszeniert sich also als eine Art KI-Batman, der gegen die vermeintliche Gier in OpenAIs Reihen kämpft, um die Welt vor profitgetriebener KI zu schützen.
Das verdeckte Motiv – Konkurrenz ausschalten?: Doch wie so oft in Krimis ist fraglich, ob der vermeintliche Held nicht eigene Motive verfolgt. Sam Altman unterstellt Musk knallharte Eigeninteressen. Öffentlich spottete er über Musks Avancen: „OpenAI is not for sale… a competitor who is not able to beat us in the market... just trying to buy this with total disregard for the mission“. Altman zeichnet Musk also als jemanden, der im fairen Wettkampf unterliegt und nun mit unlauteren Mitteln den Spieß umdrehen will. Tatsächlich hat Musk seit seinem OpenAI-Ausstieg 2018 einiges getan, was man als Versuch interpretieren könnte, OpenAI auszubremsen. Er nannte ChatGPT einmal „zu woke“ und „gefährlich“– gleichzeitig arbeitete er im Hintergrund an einer eigenen Alternative. 2023 schließlich hob Musk sein Konkurrenz-Startup xAI aus der Taufe und präsentierte den Chatbot Grok als „Anti-ChatGPT“.
Grok ist so etwas wie Musks Enfant Terrible-Chatbot: Er wurde bewusst darauf getrimmt, „spicy“ Fragen nicht abzuweisen, sondern mit witzig-„rebellischen“ Antworten zu kontern. Außerdem hat Grok direkten Zugang zu Echtzeit-Informationen via X (ehemals Twitter) – ein Feature, mit dem ChatGPT in seiner Standardversion nicht dienen kann. Musk prahlt, Grok sei die „anti-woke“ KI, die Wahrheit suche und kein Blatt vor den Mund nimmt. Die erste Version Grok-1 mit 314 Milliarden Parametern stellte Musk sogar Open-Source ins Netz, um Entwickler weltweit einzuladen, darauf aufzubauen. Diese Offensive zeigt klar: Musk will OpenAI technisch und strategisch attackieren.
xAI und Grok vs. OpenAI – wer hat die Nase vorn? Trotz aller Musk’schen PR – aktuell ist OpenAI der Gigant, xAI der Herausforderer. OpenAIs ChatGPT genießt einen enormen Vorsprung in Verbreitung, Reputation und Entwicklungszeit. Mit GPT-4 besitzt OpenAI eines der leistungsstärksten Sprachmodelle der Welt und hat Millionen Nutzer.
Dagegen befindet sich Grok erst am Anfang: Er steht nur X-Premium-Abonnenten zur Verfügungund sein Können muss sich erst noch mit GPT messen lassen. Allerdings sollte man Musks xAI nicht unterschätzen. Das Startup hat im Dezember 2024 bereits 6 Milliarden Dollar Kapital eingesammelt – bei einer Bewertung von 40 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: OpenAI wurde zuletzt mit 157 Mrd. bewertet, und es stehen womöglich 300 Mrd. im Raum.
Doch xAI ist kein kleines Garagenprojekt, wenn Investorengrößen wie Morgan Stanley oder Baron Capital auf Musks Zug aufspringen (Berichte nennen Baron Capital explizit als Partner). Zudem hat Musk Zugriff auf Teslas KI-Ressourcen (Autopilot-Software, Robotik) und natürlich sein soziales Netzwerk X als Datenquelle. Einige Experten sehen Musks Doppelrolle kritisch: Einerseits warnt er vor KI-Risiken, andererseits entfesselt er mit Grok ein Modell, das gezielt Regeln bricht und „edgy“ antwortet – möglicherweise um OpenAI ins Schwitzen zu bringen. Es drängt sich der Eindruck auf, dass Musk den moralischen Zeigefinger hebt, gleichzeitig aber scharf schießt, um OpenAI zu schwächen.
Sogar Personal wollte er abwerben: Ein OpenAI-Entwickler prangerte kürzlich Musks Jobangebot als „Bedrohung für die Demokratie“ an und lehnte demonstrativ ab. All das sind Indizien, dass Musk den Konflikt auch nutzt, um einen lästigen Rivalen auszubremsen – ob aus verletztem Stolz, echtem Idealismus oder Kalkül, bleibt Interpretationssache. In diesem KI-Krimi gibt es also zwei Sichtweisen: Musk sieht sich als Kreuzritter gegen eine entgleisende OpenAI, während Altman ihn als machtbesessenen Störenfried schildert. Die Wahrheit liegt – wie so oft – irgendwo dazwischen.
Der Plan: Profitgetriebene Struktur mit Gemeinwohl-Deckelung. OpenAI steckt mitten in einer Identitätskur. Ursprünglich als Non-Profit gestartet, operiert es seit 2019 mit einer Hybridstruktur: Oben eine gemeinnützige Mutter, darunter eine „capped-profit“-Firma, die Gewinne machen darf, aber begrenzt. Doch die Entwicklung von hochmoderner KI (Stichwort Artificial General Intelligence, AGI) ist extrem teuer. Um mit Google, Microsoft, Meta und nun auch xAI mithalten zu können, „müssen wir mehr Kapital aufbringen, als wir je erwartet hatten“, räumt OpenAI ein. Investoren stünden Schlange, aber: In dieser Größenordnung wollen Geldgeber klassische Aktienanteile und keine komplizierten Konstrukte mit Gewinnkappungen.
Die Lösung: OpenAI will die For-Profit-Sparte in eine Public Benefit Corporation (PBC – Unternehmen mit gemeinwohlorientierter Satzung) überführen. Eine PBC ist eine Aktiengesellschaft, die per Satzung neben Shareholder-Value (Unternehmenswert für Aktionäre) auch dem Gemeinwohl verpflichtet bleibt. Mit diesem Schritt – voraussichtlich binnen zwei Jahren – würde OpenAI die bisherigen Beschränkungen los, die der Non-Profit-Status mit sich bringt. Konkret hieße das: Kein Gewinn-Deckel mehr für Investoren, freie Bahn für Großinvestoren wie SoftBank oder strategische Partner.
Bereits die letzte Finanzierung im Wert von 6,6 Mrd. Dollar war laut Reuters daran geknüpft, dass OpenAI diese Umstrukturierung tatsächlich durchzieht. Das Management sieht darin einen kritischen Schritt, um im Wettrüsten um die beste KI nicht abgehängt zu werden. Immerhin pumpt die Konkurrenz (Google, Amazon, Meta) ebenfalls zweistellige Milliardenbeträge in KI – da will OpenAI mithalten können.
Argumente gegen die „öffentliche Auktion“: Musks Forderung, OpenAI solle Anteile des Non-Profit-Teils öffentlich versteigern, stößt in OpenAIs Lager auf Unverständnis – um es milde auszudrücken. Offiziell verweist OpenAI darauf, dass unabhängige Finanzberater den fairen Wert der gemeinnützigen Anteile bestimmen werden. Eine Auktion, so impliziert man, sei unnötig. Inoffiziell werden noch deutlichere Worte gewählt: Insider nennen Musks Versteigerungs-Idee einen „reinen Versuch, Chaos zu stiften“.
OpenAI wittert hierin offenbar eine Taktik, den ganzen Umstrukturierungsprozess zu verkomplizieren oder zu verzögern. Denn solange Unklarheit über die Bewertung der Non-Profit-Sparte herrscht, könnten Großinvestoren zögern. Auf gut Deutsch: Musk versucht Sand ins Getriebe zu streuen, bevor die große Geldmaschine anläuft. OpenAI kontert, indem es betont, jede Reorganisation werde zugunsten – nicht zulasten – der gemeinnützigen Mission ausfallen. Das Unternehmen hat öffentlich gelobt, den Non-Profit-Kern nicht auszuhöhlen, sondern sogar zu stärken. So soll die neue PBC-Struktur letztlich beides ermöglichen: Unbegrenztes Kapital aufnehmen und die Entwicklung sicherer KI im Sinne der Menschheit fortführen.
Skeptiker – darunter neben Musk interessanterweise auch Konkurrent Meta – bezweifeln jedoch, dass ein PBC-Status in der Praxis wirklich die Mission über Profite stellt. Hier prallen Philosophien aufeinander: OpenAI meint, ohne Geld kein Gemeinwohl (weil nur so die besten KI-Modelle entwickelt werden können); Kritiker fürchten, mit zu viel Geld schwindet das Gemeinwohl (weil Investoren irgendwann Rendite über Sicherheit stellen könnten).
Was passiert mit der Non-Profit-Sparte? Geht es nach OpenAIs Fahrplan, wird das ursprüngliche Non-Profit-Unternehmen (OpenAI Incorporated) zwar Anteile an der neuen PBC halten, aber nicht mehr die volle Kontrolle ausüben. Stattdessen wird der Non-Profit-Teil zu einer Art Großaktionär und Wächter der Mission. OpenAI verspricht, diese gemeinnützige Einheit werde einen „signifikanten Anteil“ besitzen – so viel, wie unabhängige Gutachter als fair erachten – und dadurch zu einer der „bestausgestatteten Non-Profits der Geschichte“ werden. Mit anderen Worten: Das gemeinnützige OpenAI bekommt zwar weniger Macht, aber potentiell sehr viel Geld.
Was damit geschehen soll, ist spannend: Denkbar wäre, dass diese Mittel in langfristige Sicherheitsforschung, KI-Ethik und gemeinnützige Projekte fließen – also genau das, was Musk eigentlich eingefordert hat. Sam Altman betont, die Stiftung bleibe zentral. „Die Non-Profit wird weiterhin sehr, sehr stark sein. Die Mission ist wirklich wichtig und wir stellen sicher, dass wir das berücksichtigen“, sagte er jüngst. Damit signalisiert OpenAI, dass man trotz Kapitalflut die Zügel der Moral nicht aus der Hand gibt. Musk glaubt das nicht: Er vermutet, dass einige im OpenAI-Board persönlich profitieren wollen – ein schwerer Vorwurf, der bislang jedoch unbewiesen ist (z.B. besitzen Sam Altman oder andere Gründer offiziell keine Anteile, die sich einfach zu Geld machen ließen, weil die Non-Profit keine Eigentümer im klassischen Sinn hat).
Die Strategie in der Vogelperspektive: OpenAI will also das Beste aus beiden Welten – Profit und Purpose. Es sieht sich als Platzhirsch, der mit Milliarden-Bolstern die KI-Krone verteidigen muss, dabei aber bessere Governance-Mechanismen einziehen will als ein normaler Tech-Konzern. Rivalen wie Anthropic oder Musks xAI haben übrigens längst ähnliche Strukturen: Anthropic ist eine Public Benefit LLC, xAI ebenfalls als PBC registriert. OpenAI zieht hier also nach, um nicht ins Hintertreffen zu geraten.
Dass ausgerechnet Elon Musk, selbst Besitzer eines PBC-Unternehmens (xAI), zum lautesten Kritiker dieser Bewegung wird, verleiht der Story zusätzlichen Pfeffer. Man könnte meinen, Musk wolle OpenAI auf Gedeih und Verderb kleinhalten, bis xAI aufgeholt hat. OpenAI seinerseits versucht, durch Transparenz (Blogposts zu den Plänen) und demonstrative Treue zur Mission das Vertrauen der Öffentlichkeit und der Geldgeber hochzuhalten. Dieser dritte Akt des Dramas – der Umbau von OpenAI – ist noch im Gange. Der Showdown vor Gericht (Musk vs. OpenAI in Sachen Einstweiliger Verfügung) und an den Verhandlungstischen (mit Investoren wie SoftBank) wird entscheiden, ob OpenAIs Masterplan aufgeht oder ob Musk doch noch ein Ass aus dem Ärmel zieht.
Kein Thriller wäre komplett ohne hohe politische Kreise. In diesem Fall betritt niemand Geringeres als Donald Trump die Bühne. Nach seinem Wiedereinzug ins Weiße Haus im Januar 2025 proklamierte Trump gleich an Tag 2 ein gigantisches KI-Infrastrukturprojekt namens „Stargate“. Dabei sollen OpenAI, der japanische Techinvestor SoftBank und Oracles Larry Ellison gemeinsam 500 Milliarden Dollar in den Aufbau neuer Rechenzentren für KI investieren. 20 hochmoderne Data Centers quer durch die USA, 100.000 neue Jobs – Trump rühmte es als das „größte KI-Infrastrukturprojekt der Geschichte“.
Auffällig: Elon Musks xAI taucht in diesem Prestigeprojekt nicht auf. Stattdessen saß Sam Altman mit Trump im Roosevelt Room und dankte dem Präsidenten überschwänglich für dessen Unterstützung: „Ohne Sie, Mr. President, könnten wir AGI nicht hier bauen“. SoftBank-Chef Masayoshi Son sekundierte gar, man habe das ohne Trumps Wahlsieg nicht beschlossen. Stargate ist also Trumps Baby – und OpenAI spielt darin die Hauptrolle. Eine pikante Konstellation, bedenkt man, dass Musk eigentlich als Trumps enger Verbündeter gilt.
Musks Nähe zu Trump: Elon Musk hatte sich im Wahlkampf 2024 klar auf Trumps Seite geschlagen. Er spendete über 250 Millionen Dollar für Trumps Kampagne und wurde nach dem Sieg mit einem Posten belohnt: Musk leitet nun die neu geschaffene Bundesbehörde für Regierungseffizienz – eine Institution im Weißen Haus, die Trumps Versprechen umsetzen soll, den Verwaltungsapparat zu verschlanken. Musk ist also im Zentrum der Macht angekommen und pflegt offenbar auch persönlich einen guten Draht zum Präsidenten (man spricht vom „best buddy“-Verhältnis).
Umso erstaunlicher ist, was nach der Stargate-Ankündigung geschah: Musk ging auf Konfrontation zu Trumps KI-Projekt. Keine 24 Stunden nach der Verkündung zweifelte Musk auf X öffentlich an, dass Stargate überhaupt finanziert sei. „Sie haben das Geld gar nicht wirklich“, ätzte er über OpenAIs Statement, sofort 100 Mrd. Dollar zu investieren. Insbesondere bezweifelte Musk, dass SoftBank die versprochene Summe aufbringen könne, und behauptete, ihm lägen Informationen vor, wonach SoftBank weit weniger als 10 Mrd. „gesichert“ habe. Diese offene Kritik – Musk nennt Trumps Mega-Vorhaben implizit einen Bluff – war ein Tabubruch in der politischen Arena. Ein hochrangiger Regierungsberater stellt öffentlich das Prestigeprojekt des Präsidenten infrage. Das Weiße Haus reagierte Berichten zufolge mit Ärger; Trumps Umfeld war „wütend“ über Musk, der hier seine Kompetenzen überschritten habe. Kurz gesagt: Musk hat sich mit dieser Aktion keine Freunde unter Trumps Leuten gemacht, obwohl er eigentlich auf ihrer Seite stehen sollte.
Altman vs. Musk im Weißen Haus: Sam Altman ließ sich Musks Seitenhieb nicht gefallen. Er konterte direkt auf X und nannte Musks Behauptung falsch. In einem süffisanten Ton lud Altman Musk ein, doch vorbeizukommen und sich die erste Baustelle anzusehen, wo die Milliarden offensichtlich bereits flössen. Dann stichelte Altman mit einer politisch brisanten Spitze: Er sei sich bewusst, dass „das, was gut fürs Land ist, nicht immer optimal für deine Unternehmen ist – aber in deiner neuen Rolle hoffe ich, dass du überwiegend das Erste prioritär behandelst“. Übersetzung: Musk solle als Regierungsbeamter das nationale Interesse (KI-Infrastruktur ausbauen, Jobs schaffen, Innovation fördern) über seine privaten Geschäftsinteressen (xAI voranbringen, OpenAI schaden) stellen. Dieser öffentliche Schlagabtausch vor den Augen Washingtons wirft ein Schlaglicht auf die politische Dimension des Konflikts. Musk, der nun im System ist, wird plötzlich an Staatsräson erinnert – ausgerechnet von seinem Rivalen Altman, der damit clever punktet. Trump selbst hielt sich bedeckt, schwächte aber parallel regulatorische Vorgaben seines Vorgängers Biden ab, um KI-Projekten wie Stargate Rückenwind zu geben.
Politisches Kalkül beider Seiten: Die Stargate-Episode zeigt, dass sowohl Musk als auch OpenAI Politik als Spielfeld nutzen. OpenAI hat sich mit SoftBank und Oracle verbündet und das Ohr des Präsidenten, was in einem 500-Mrd.-Projekt kulminierte – ein strategischer Triumph für Altman, der seinem Unternehmen gigantische Infrastruktur verschafft (und nebenbei Trumps Agenda schmeichelt). Musk seinerseits sitzt mit am Kabinettstisch und kann theoretisch Einfluss auf Regulierungen, Kartellprüfungen und Fördergelder nehmen. Zum Beispiel hat er Microsofts enge Partnerschaft mit OpenAI in seiner Klage als potenziellen Kartellverstoß hingestellt, woraufhin die FTC tatsächlich Ermittlungen einleitete.
Sollte Musk also politischen Druck brauchen, um OpenAI zu bremsen, hat er nun Hebel in der Hand. Allerdings bewegt er sich auf dünnem Eis: Wenn er es übertreibt, riskiert er Rückendeckung im Trump-Lager. Der New York Post zufolge wurde Musk intern bereits ermahnt, sich nicht nochmal gegen Stargate zu stellen. In diesem Sinne erinnert der Konflikt an einen Machtkampf im Mafia-Film: Zwei Bosse buhlen um die Gunst des Paten (Trump), kooperieren vordergründig mit ihm, aber bekriegen sich hinter den Kulissen. Für Trump ist die Situation paradox: Einerseits verdankt Stargate viel Musks Einfluss (Trumps Wahlsieg, Deregulierung), andererseits ist Musk nun der Querulant, der Zweifel sät. Wer hier Gut oder Böse ist, hängt von der Perspektive ab. Trump dürfte vor allem an Ergebnis und Loyalität interessiert sein – und Musk hat gerade einen Loyalitätszweifel aufkommen lassen.
Die Geschichte von Elon Musk vs. OpenAI liest sich tatsächlich wie ein Tech-Thriller voller Wendungen. Einst Mitstreiter für gemeinnützige KI, stehen Musk und Altman nun wie Erzfeinde gegenüber. Wer ist der „Bösewicht“? Aus Musks Sicht ganz klar Sam Altman, der „Betrüger“ („Swindler“), der OpenAIs Ideale verkauft. Aus Altmans Sicht dagegen Musk – ein Tyrann, der es nicht erträgt, die Kontrolle zu verlieren, und nun mit allen Mitteln Unruhe stiftet.
Die Realität ist vielschichtiger: Musk hat legitime Punkte, wenn er Transparenz und Gemeinwohl bei OpenAI einfordert. Doch die Vehemenz seiner Methoden – Klagen, Behördenschreiben, feindliche Angebote – legt nahe, dass hier auch Ego und Geschäftsinteresse Regie führen. OpenAI wiederum muss kommerzieller werden, um in der KI-Entwicklung mitzuhalten, verspricht aber gleichzeitig, seine Non-Profit-Seele nicht zu verkaufen. Ob dieses Versprechen gehalten wird, muss sich erst zeigen. In klassischer Krimi-Manier haben beide Protagonisten Schattenseiten: Musk den Ruf des unberechenbaren Machtspielers, Altman die Hypothek, einst ein Non-Profit geleitet zu haben, das nun Milliarden scheffeln will.
Für die Beobachter bleibt es ein Krimi ohne absehbares Ende. Die nächsten Kapitel – der Gerichtsentscheid zur Umstrukturierung, mögliche weitere Offerten oder Gegenangebote, Fortschritte von xAI, und die politische Großwetterlage – werden entscheiden, wer am Ende die Oberhand gewinnt. Vielleicht gibt es keinen eindeutigen Sieger; vielleicht erzwingt dieser beispiellose Zwist am Ende Kompromisse, die den Grundstein für verantwortungsvolle KI-Entwicklung legen.
Bis dahin gilt: High Noon in Silicon Valley. Beide Seiten rüsten auf – juristisch, finanziell, propagandistisch. Die Rollen von Held und Schurke bleiben flexibel, je nachdem ob man Musk als visionären Warner oder als intriganten Rivalen sehen mag. Eines jedoch ist sicher: Diese KI-Saga hat schon jetzt die Tech-Welt verändert und verspricht weitere Hochspannung in den kommenden Akten
Builtin, Business Insider, Reuters / 2 / 3, The Standard, xAI, The Economic Times