Text:  Dennis Ebbecke  •   Zuletzt aktualisiert: 04.07.2025 17:45   •   Lesedauer: 6,0 Min.

„Der AI Act ist für uns kein Stolperstein, sondern ein Weckruf“

Warum Judith Williams KI nicht als Bedrohung, sondern als Empowerment-Tool sieht – für Unternehmen und Mensch.

Judith Williams: Schönheit lebt von Emotion, Individualität und Persönlichkeit | © Chris Singer
Judith Williams: Schönheit lebt von Emotion, Individualität und Persönlichkeit | © Chris Singer
Business trifft KI: Judith Williams im Gespräch | © Chris Singer
Business trifft KI: Judith Williams im Gespräch | © Chris Singer

„Solange der Mensch im Mittelpunkt bleibt, kann KI ein mächtiger Begleiter sein“, sagt Judith Williams. Der „KI-Buzzer“ (Ausgabe 4) hat mit der Unternehmerin ausführlich über den „Gamechanger“ Künstliche Intelligenz gesprochen. Im Interview rät die „Höhle der Löwen“-Investorin zu „einem achtsamen Balanceakt zwischen Innovation und Verantwortung“. Die 53-Jährige ordnet den AI Act ein und erklärt, warum die Einführung eines unternehmensweiten „KI-Führerscheins“ für sie nur ein logischer nächster Schritt ist.

KI-BUZZER: Frau Williams, Künstliche Intelligenz ist gerade das Trendthema schlechthin. Wo begegnet sie Ihnen ganz konkret – sei es bei Judith Williams Cosmetics oder bei Start-ups in der „Höhle der Löwen“?

Judith Williams:

KI ist längst kein Buzzword mehr – sie ist Realität. In meiner eigenen Brand, Judith Williams Cosmetics, nutzen wir KI-Tools für Content-Erstellung, Projektmanagement und im Bereich des Kundensupports. In der 
„Höhle der Löwen“ sehe ich zunehmend Start-ups, die mit smarten Algorithmen echte Gamechanger entwickeln – sei es für nachhaltige Lieferketten, individualisierte Ernährung oder sogar emotionale Kundenansprache. Die KI ist da – und sie bleibt.

KI-BUZZER: Beauty lebt von Emotion, Individualität und Persönlichkeit. Kann KI überhaupt in so einem sensiblen Markt wie der Beauty- und Lifestyle-Welt funktionieren – oder fehlt ihr das „Herz“?

Judith Williams:

Das „Herz“ kommt nicht aus dem Algorithmus – aber KI kann helfen, den Menschen darin besser zu verstehen. „True beauty“ beginnt bei der Seele, aber Technologie kann diese Reise unterstützen. Ob durch personalisierte Skincare-Routinen, virtuelle Try-ons oder datenbasierte Empfehlungen – solange der Mensch im Mittelpunkt bleibt, kann KI ein mächtiger Begleiter sein. Die Magie entsteht dort, wo Empathie auf Innovation trifft.

KI-BUZZER: Sie arbeiten mit vielen jungen Gründerinnen und Gründern zusammen. Welche Rolle spielt KI heute bei Start-ups? Und erleben Sie da manchmal echte Wow-Momente?

Judith Williams:

Künstliche Intelligenz ist für viele Start-ups inzwischen ein echter Gamechanger – das sehe ich immer wieder. Sie wird nicht nur eingesetzt, um Prozesse effizienter zu gestalten, etwa durch automatisiertes Marketing oder smarte Datenanalysen. Viele entwickeln heute sogar eigene KI-Produkte. Gleichzeitig spüre ich aber auch die Herausforderungen: Der rasante Fortschritt, ethische Fragestellungen oder der Zugang zu qualitativ guten Daten – das ist für viele Gründerinnen und Gründer ein echtes Spannungsfeld.

Gerade im Bereich Content Creation sehe ich enormes Potenzial: KI kann dabei helfen, Texte, Visuals oder Social-Media-Content in Windeseile zu erstellen – und das mit schlanken Budgets. Für junge Teams ist das ein klarer Wettbewerbsvorteil. Aber – und das sage ich mit Nachdruck – KI ist ein Werkzeug. Der Unterschied entsteht durch den Menschen, der es strategisch und mit Haltung einsetzt. Wer das versteht, schafft nicht nur Vorsprung, sondern auch echten Mehrwert.

KI-BUZZER: Sie sehen viele internationale Innovationen. Gibt es im Umgang mit KI kulturelle Unterschiede, in den Bereichen Kosmetik/Beauty und Nahrungsergänzungsmittel?

Judith Williams:

Ja, und sie sind faszinierend. In Asien zum Beispiel ist der technologische Zugang oft spielerischer, nahezu gamified. In Europa hingegen fragen wir schneller: „Wo ist die Ethik? Wo ist die Kontrolle?“ Beides hat seine Berechtigung. Der Schlüssel liegt in einem achtsamen Balanceakt zwischen Innovation und Verantwortung – denn Schönheit ohne Bewusstsein verliert an Tiefe.

KI-BUZZER: KI kann Prozesse vereinfachen, aber auch ethische Fragen aufwerfen. Wie stehen Sie zu Themen wie Deepfakes in der Werbung oder KI-generierten Schönheitsidealen? Wo ziehen Sie eine Grenze?

Judith Williams:

Meine Grenze ist dort, wo Authentizität verloren geht. Deepfakes, die Menschen täuschen, sind für mich ein No-Go. Wir müssen aufpassen, dass KI nicht neue Ideale schafft, die unerreichbar sind – Schönheit ist keine Simulation. Als Unternehmerin und Frau ist es mir wichtig, dass Technologie uns stärkt – nicht entfremdet.

Let’s use tech to empower, not to erase the real!

KI-BUZZER: Die EU verpflichtet Unternehmen dazu, ihre Mitarbeitenden im Umgang mit KI zu schulen. Wie wichtig ist Ihnen Weiterbildung, wenn es um digitale Innovationen geht?

Judith Williams:

Extrem wichtig. Knowledge is empowerment! Ich glaube an lebenslanges Lernen – nicht aus Zwang, sondern aus Neugier. Gerade in Zeiten der Transformation brauchen wir keine Angst vor KI, sondern Kompetenzen im Umgang mit ihr. Weiterbildung ist für mich ein Investment in die Zukunftsfähigkeit unserer Teams – und in ihre innere Sicherheit.

KI-BUZZER: Wie werden Sie dem AI Act innerbetrieblich gerecht? Wurden Ihre Mitarbeitenden bereits mit einem „KI-Führerschein“ ausgestattet?

Judith Williams:

Wir haben uns frühzeitig mit dem Thema auseinandergesetzt – durch Schulungen mit etablierten IT-Partnern und eigene Guidelines für einen verantwortungsvollen Umgang mit KI. Dabei betrachten wir nicht nur die technischen Aspekte, sondern auch die ethischen und rechtlichen Rahmenbedingungen. Denn für mich gehört beides zusammen: Innovation und Integrität.

Der AI Act ist für uns kein Stolperstein, sondern ein Weckruf, unsere Prozesse noch gezielter zu gestalten. Die Einführung eines unternehmensweiten „KI-Führerscheins“ ist da nur ein logischer nächster Schritt. Unser Ziel: Wir wollen KI nicht nur sicher, sondern auch sinnstiftend einsetzen – als Werkzeug, das Mitarbeitende stärkt, kreative Ideen fördert und unser Unternehmen zukunftsfähig macht.

KI-BUZZER: Was würden Sie einem kleinen Kosmetik-Label raten, das neugierig auf KI ist, aber nicht weiß, wo es anfangen soll? Gibt es einen smarten Einstiegspunkt?

Judith Williams:

Start small, but start smart. Der einfachste Einstieg ist oft im Bereich Customer Experience: Chatbots, automatisierte FAQs, KI-gestützte Hautanalysen. Auch im Bereich Social Listening – also was sagen Kundinnen und Kunden wirklich – kann KI wertvolle Insights liefern. Wichtig ist: Bleibt neugierig, aber verliert euch nicht im Hype. Technologie ist ein Werkzeug, nicht das Ziel.

KI-BUZZER: Welcher KI-Moment hat Sie persönlich wirklich überrascht oder inspiriert – vielleicht sogar bei einem Pitch in der „Höhle der Löwen“?

Judith Williams:

Was mich an KI wirklich begeistert, ist ihr riesiges Potenzial, Wissen, Kreativität und unternehmerischen Spirit für alle zugänglich zu machen. Mich fasziniert, wie KI Ideen in greifbare Konzepte verwandelt – selbst dann, wenn vorher Ressourcen, Zeit oder Know-how gefehlt haben. Gerade für junge Gründerinnen und Gründer ist das eine unglaubliche Chance! Plötzlich kann jemand mit einer Vision und einem Laptop Inhalte gestalten, Strategien testen oder sogar eigene Produkte entwickeln, ohne ein ganzes Team im Rücken zu haben. Ich finde es unglaublich motivierend zu sehen, wie Technologie Barrieren abbauen kann – ob im Business, in der Bildung oder im kreativen Bereich.

Gleichzeitig stellt uns KI auch vor neue Fragen – zum Beispiel: Wofür möchten wir unsere Zeit, Energie und unsere Menschlichkeit einsetzen? Diese Reflexion halte ich für essenziell. Denn am Ende des Tages ist es nicht nur die Technologie, die den Unterschied macht, sondern der Mensch, der sie klug und verantwortungsvoll nutzt.

Frau Williams, herzlichen Dank für Ihre Zeit und die interessanten Eindrücke!

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Highlights des Themas:

  • KI in Start-ups: Chancen, Tools und echte Gamechanger

  • Beauty mit KI: Zwischen Skincare und Ethik

  • Der AI Act als Anstoß zur Innovation

  • "KI-Führerschein" als Unternehmenskultur

  • Tipps für kleine Labels: klein aber smart starten


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